EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat dennoch Gesetze vom Erzeuger zum Verbraucher auf die Tagesordnung des wöchentlichen Treffens der Kommissare am kommenden Mittwoch gesetzt.
Diese Gesetze bilden den europäischen Rechtsrahmen zur Reduzierung chemischer Pflanzenschutz- und Düngemittel in der Landwirtschaft und zum Ausbau des ökologischen Landbaus.
Anfang dieses Jahres wurden diese Gesetze unter dem Druck des Krieges in der Ukraine und aus landwirtschaftlichen Kreisen von der Tagesordnung des Ausschusses gestrichen. Zehn EU-Länder (Österreich, Bulgarien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien) wollen nun, dass Länder nicht bestraft oder mit Geldbußen belegt werden, wenn sie ihr Pestizidreduktionsziel nicht erreichen.
Da der Krieg in der Ukraine immer noch tobt, haben die Bedenken hinsichtlich der Ernährungssicherheit zugenommen und einige Elemente der Klimapolitik des Green Deal wurden bereits vorübergehend ausgesetzt oder rückgängig gemacht. Seit März wird argumentiert, dass die Klimaziele nicht zu einer „Reduzierung der landwirtschaftlichen Produktion“ führen dürften.
Der Bio-Vorschlag würde ein EU-weites gesetzliches Ziel einer 50-prozentigen Reduzierung der Pestizide über acht Jahre festlegen. Kyriakides hat argumentiert, dass die Daten zeigen, dass es möglich ist, „den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden“.
Ob Kyriakides Änderungen an ihren bisherigen Texten vorgenommen hat oder ob sie das Paket vom vergangenen März unverändert zur Abstimmung stellt, ist nicht bekannt.
Umweltverbände befürchten weitere Verzögerungen oder Verschiebungen. Unterdessen widerspricht ein kürzlich erschienener Bericht offiziellen Behauptungen, dass der Einsatz giftiger Pestizide im EU rückläufig ist. Das zeigt sich daran, dass immer mehr Gemüse und Obst Spuren von Chemikalien enthalten. Die Pestizidverkäufe im EU sind laut Eurostat-Daten seit 2011 stabil geblieben.
Unter dem neuen EU-Gesetz wird auch über ein vollständiges Verbot von Pestiziden in öffentlichen Bereichen wie Parks, Spielplätzen oder Naturschutzgebieten nachgedacht.
Innerhalb der Europäischen Kommission ist Klimakommissar Frans Timmermans für die Bekämpfung der Luftverschmutzung, Umweltkommissar Virginius Sinkevicius für die Boden- und Wasserverschmutzung und Kyriakides für Tierschutz, Ernährung und Biodiversität zuständig. Teile ihrer Verordnungen und Gesetze gelten auch für andere Politikbereiche wie Wirtschaft oder Landwirtschaft.
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski möchte bekanntlich lieber zuerst die (seine) künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU-Staaten erstellt sehen, inklusive der nationalen Strategiepläne, damit den Landwirten klar wird, wo sie stehen. Andere wiederum sind der Meinung, dass Wojciechowski auch bei der Umsetzung von Gesetzen der anderen Kommissare mitwirken sollte.