Der neue EU-Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen hat in seiner ersten Amtshandlung die Einrichtung eines ständigen Beirats für Landwirtschaft und Ernährung (European Board on Agriculture and Food, EBAF) angekündigt.
Die Ankündigung kommt zu einem schmerzhaften Zeitpunkt: Einen Tag bevor Brüssel – nach jahrelangen Diskussionen – das umstrittene Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten verabschiedete. Europäische Landwirte protestieren seit Jahren gegen dieses Abkommen, weil Lebensmittelimporte aus diesen Ländern weniger strengen Anforderungen genügen müssen als die, die für EU-Landwirte gelten.
Mit der Gründung der EBAF versucht Hansen, Spannungen im Agrarsektor abzubauen. Die Einrichtung einer solchen dauerhaften Konsultationsplattform wurde bereits Anfang des Jahres – kurz vor der Europawahl – von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt. Als Reaktion auf Großbauerndemonstrationen in mehreren EU-Ländern hatte sie ein strategisches Landwirtschaftstreffen einberufen.
Der Ausschuss wird für fünf Jahre eingerichtet und soll voraussichtlich zwei- bis sechsmal im Jahr zusammentreten. Wenn dringender Rat erforderlich ist, kann Kommissar Hansen auch zusätzliche Sitzungen einberufen. Das Verfahren zur Festlegung der Zusammensetzung des Beirats beginnt im Januar.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, die Landwirte in die Ausarbeitung der EU-Agrarpolitik einzubeziehen“, sagte der neue Landwirtschaftskommissar. Laut Hansen ist der Beirat ein Mittel, den Landwirten eine strukturelle Plattform zu bieten, auf der sie ihre Anliegen direkt in Brüssel äußern und Einfluss auf die auszuarbeitende Politik nehmen können. Seiner Meinung nach soll dies dazu beitragen, die Kluft zwischen dem Agrarsektor und Brüssel zu überwinden.
Hansen sagt, er wolle die Agrarpolitik vereinfachen und nachhaltig gestalten, mit Blick auf Biodiversität und Klimaziele. Er möchte außerdem, dass die EU die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) weiter reformiert, damit Landwirte besser bei der Erfüllung von Umweltanforderungen unterstützt werden können, ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen.
Die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens muss noch (teilweise) von einer qualifizierten Mehrheit der EU-Länder und vom Europäischen Parlament genehmigt werden. Hinter den Kulissen wird immer noch über den rechtlichen Status gestritten.
Frankreich und Polen haben bereits angekündigt, dass sie versuchen werden, innerhalb der 27-EU-Länder eine „Sperrminorität“ zu schaffen. Wenn Italien mitmacht, könnte dies möglich werden. Andere EU-Länder betonen, dass das Freihandelsabkommen umfassender und weitreichender sei als nur die Interessen des Agrarsektors. Sie weisen darauf hin, dass auch die EU-Länder durch die EU-Exporte von Technologie und anderen Produkten von dem neuen Freihandelsabkommen profitieren können.