Die extreme Rechte galt bei der Gründung Österreichs als stärkste Partei

Der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen hat beschlossen, Karl Nehammer, den Vorsitzenden der konservativen ÖVP, zum Formator einer neuen Koalitionsregierung zu ernennen. Dies geschah, nachdem keine Partei bereit schien, mit Herbert Kickl von der rechtsextremen FPÖ zusammenzuarbeiten.

Bei den Parlamentswahlen Anfang Oktober ging die umstrittene Partei als stärkste Partei hervor; Die FPÖ erhielt mehr als 29% der Stimmen, aber niemand will mit dem pro-Putin-Politiker eine Regierung bilden. Präsident Van der Bellen (Grüne) hat Nehammer nun damit beauftragt, die Sackgasse zu überwinden.

Nehammer steht nun vor der Herausforderung, zumindest mit der sozialdemokratischen SPÖ eine tragfähige Koalition zu bilden. Obwohl es erhebliche politische Differenzen gibt, insbesondere bei der Steuerreform und der Klimapolitik, ist ihre Koalition die wahrscheinlichste Option, ergänzt durch die Unterstützung der Grünen und/oder der liberalen Neos. Eine Zweiparteienkoalition aus ÖVP und SPÖ verfügt nur über eine Mehrheit von einem Sitz. Liberale und Grüne könnten in diesem Szenario wirksame Komplementärpartner sein.

Die Rolle der Grünen kann darin bestehen, ein Gleichgewicht zwischen Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Ansichten herzustellen. Ihre Dominanz liegt vor allem in der Umweltpolitik und der sozialen Gerechtigkeit, was sich in Verhandlungen mit der eher traditionell orientierten ÖVP als schwierig erweisen könnte. 

Darüber hinaus bleiben die Neos-Liberalen eine attraktive Option, insbesondere aufgrund ihrer Betonung notwendiger Wirtschaftsreformen und fortschrittlicher Politik, die sowohl für die ÖVP als auch für die SPÖ attraktiv sein könnten.

Die Landtagswahlen in wenigen Monaten werden entscheidend für die weitere Positionierung der rechtsradikalen FPÖ und ihren möglichen Einfluss auf die künftige Regierungspolitik sein. Die Frage ist, ob es ÖVP-Chef Nehammer in den kommenden Wochen gelingen wird, eine dauerhafte Koalition zu schmieden, oder ob Österreich eine längere Phase politischer Instabilität bevorsteht.

Im letzteren Fall werden die Regionalwahlen ein weiterer Test für die österreichischen politischen Parteien sein. Sollte es Nehammer gelingen, die Pattsituation zu überwinden, könnte dies seine ÖVP stärken, doch eine gescheiterte Formation könnte der FPÖ noch mehr in die Hände spielen und zu noch mehr Spaltung in der österreichischen Politik führen.