Viele französische Landwirte befürchten, dass die politischen Spannungen im Zusammenhang mit der Bildung einer neuen Regierung zu Lasten früherer Verpflichtungen gegenüber dem Agrarsektor gehen werden. Premierminister Barnier hatte in den letzten Monaten mehrere Zusagen gegenüber französischen Agrarorganisationen gemacht, doch seine Regierung ist nun gestürzt.
In Frankreich drohen die Erfolge der Bauernproteste erneut durch bevorstehende politische Veränderungen zunichte gemacht zu werden. Der Sturz der Regierung durch ein Misstrauensvotum hat in Teilen der Landwirtschaft für Bestürzung gesorgt.
Der Verband der Landwirtschaftskammern sprach von einer „echten Katastrophe“ und meinte, die Branche dürfe nicht durch politische Auseinandersetzungen in Geiselhaft genommen werden. Der Bauernverband forderte die Landwirte auf, vorerst nicht mehr mit den amtlichen Betriebskontrollen zu kooperieren. Solche Drohungen sind in der Beziehung zwischen französischen Landwirten und der Regierung in Paris weit verbreitet.
Der Präsident des französischen Bauernverbandes (FNSEA), Arnaud Rousseau, rief alle Landwirte in den sozialen Medien dazu auf, die Parlamentarier in ihren Wahlkreisen zur Rechenschaft zu ziehen und zu fragen, wie frühere Versprechen erfüllt werden sollten. Laut Rousseau sollten die Landwirte außerdem alle offiziellen Kontrollen verweigern, bis die Zugeständnisse umgesetzt werden.
Der FNSEA-Präsident forderte den künftigen Premierminister auf, nach der Amtseinführung unverzüglich für die Umsetzung aller zuvor angekündigten Maßnahmen zu sorgen. Es ist noch nicht bekannt, wer die Nachfolge von Premierminister Barnier antreten wird. Auch ob es einen neuen Landwirtschaftsminister geben wird, ist ungewiss.
Der kleinere Agrarverband Coördinatie Rurale (CR) verhielt sich derweil betont neutral. Diese Vereinigung macht Präsident Emmanuel Macron dafür verantwortlich, die Sorgen der Landwirte zu zerstreuen und die bereits vom Kabinett Barnier gemachten Versprechen zu erfüllen.
Barnier kündigte kürzlich an, den zentralen Forderungen der protestierenden Bauern nachzukommen. Präsident Macron hat betont, dass er so bald wie möglich einen neuen Premierminister ernennen wird. Allerdings ist noch völlig unklar, auf welche parlamentarische Koalition sich die neue Regierung verlassen kann und inwieweit sie sich an die Zusagen ihrer Vorgänger gebunden fühlen wird.
Bei den Parlamentswahlen im Juli hat bekanntlich keine Fraktion eine Mehrheit erreicht. Überraschenderweise wurde das Linksbündnis „Nieuwe Volksfront“ (NFP) mit 182 Abgeordneten stärkste Fraktion. Die Mitte um Macron gewann 168 Sitze, der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) und extreme Verbündete kommen auf 143 Sitze in der Nationalversammlung.
Das Linksbündnis war nicht in Barniers Kabinett. Konservative Republikaner hingegen haben nur 46 Mitglieder im Unterhaus, aber immer noch mehrere Minister, darunter die derzeitige Leiterin des Landwirtschaftsministeriums, Annie Genevard.